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Anscheinend plant Kanzlerin Merkel einen Antrag auf ein NPD-Verbotsverfahren.

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Update

Innenminister: Friedrich kündigt NPD-Verbotsantrag der Regierung an

Kanzlerin Merkel plant einen eigenen NPD-Verbotsantrag der Bundesregierung. Das berichtete heute der Tagesspiegel exklusiv. Am Abend bestätigte Innenminister Friedrich diese Überlegungen auf einer CSU-Sitzung. Beim Koalitionspartner FDP hält sich die Begeisterung in Grenzen.

Von Frank Jansen

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat einen eigenständigen Antrag der Bundesregierung zum Verbot der rechtsextremen NPD angekündigt. Durch den Verbotsantrag der Länder habe die NPD eine Bühne bekommen, um sich zu präsentieren, sagte Friedrich am Montagabend nach Angaben von Teilnehmern bei einer Sitzung der CSU-Landesgruppe im Bundestag in Berlin. „Wir müssen nun auf dieser Bühne mitspielen, und daher einen eigenen Antrag stellen.“

Friedrich machte deutlich, dass die Bundesregierung den Antrag der Länder mit aller Kraft unterstützen wolle. „Wir müssen dafür sorgen, dass der Antrag der Länder Erfolg hat“, sagte er den Angaben zufolge. Die Länder bräuchten für diesen Erfolg den Bund.

Entgegen ursprünglichen Annahmen sei es dem Bund aber nicht möglich, über eine sogenannte Beiladung oder einen Streitbeitritt an dem Verfahren in Karlsruhe teilzuhaben. „Ich gehe davon aus, dass wir keine andere Möglichkeit haben, als selber einen Antrag zu stellen.“ Der Innenminister ließ offen, ob nun auch noch der Bundestag einen eigenen Antrag stellen müsse.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bislang gewarnt, ein Verbotsverfahren gegen die NPD könnte am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte scheitern. Die Zweifel sind vermutlich auch nicht verschwunden. Dennoch hat sich Merkel, CDU-intern „die Meisterin des Pragmatismus“ genannt, nun auch beim Thema NPD-Verbot zu einer Strategie des Mitmachens durchgerungen. Die meisten unionsgeführten Länder sind für ein Verfahren, der Bundesrat beschloss im Dezember einen Verbotsantrag, und in der Bevölkerung ist laut Umfragen die Meinung weitverbreitet, die braune Minipartei müsse weg. Dem Trend will sich die Kanzlerin nicht entgegenstellen, alles andere wäre im Wahljahr riskant.

„Ein schweres rechtsextremes Verbrechen oder eine brachiale Provokation der NPD, und die gesamte Opposition wirft uns vor, wir würden eine Nazipartei schützen“, heißt es in der Unionsfraktion. Also hat Merkel sich dafür entschieden, die Bundesregierung solle einen eigenen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht stellen. Damit stünde der Bundesrat nicht mehr alleine. Nach dessen Entscheidung im Dezember hatte Merkel ein Quartal Bedenkzeit angekündigt. Die ist nun etwas früher herum.

Merkel verweise darauf, sagen Mitglieder Unionsfraktion, die ungenannt bleiben wollen, die Länderkammer werde belastendes Material gegen die NPD nutzen, das auch eine Bundesbehörde, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), im vergangenen Jahr erstellt hat. Fragen des Bundesverfassungsgerichts zu Details, die das BfV bereitgestellt hat, könnten die Länder nicht beantworten.

Als weiteren Grund verweise Merkel auf juristische Probleme. Die Regierung wäre in einer schwachen Position, würde sie auf einen Antrag verzichten und sich nur mit einem „Streitbeitritt“ dem Antrag des Bundesrates anschließen. Auch deshalb solle ein eigener Antrag gestellt und vermutlich von eigenen Prozessbevollmächtigten vertreten werden.

Die Kanzlerin wolle nun versuchen, Skeptiker unter den Ministern der Union sowie den Koalitionspartner FDP davon zu überzeugen, dass die Regierung einen Verbotsantrag stelle, hieß es in der Unionsfraktion. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat öfter Skepsis geäußert. In der FDP-Fraktion, die mehrheitlich ein Verbotsverfahren ablehnt, war die Sorge zu hören, „bei der Regierung komme „was ins Rutschen“.

Der Bundesrat hat unterdessen auch bei den Prozessbevollmächtigten vorgelegt. Die Berliner Rechtswissenschaftler Christoph Möllers und Christian Waldhoff würden in Karlsruhe den Verbotsantrag begründen, teilte die Länderkammer am Montag mit. Möllers hatte schon für die Regierung beim Bundesverfassungsgericht im Verfahren um die Vorratsdatenspeicherung gestritten. Beide Professoren lehren an der Humboldt-Universität in Berlin. Möllers und Waldhoff waren seit dem Jahreswechsel die aussichtsreichsten Kandidaten für das Mandat eines Prozessbevollmächtigten. In der NPD hieß es, für sie werde wahrscheinlich der Saarländer Rechtsanwalt Peter Richter beim Bundesverfassungsgericht auftreten. Richter ist NPD-Mitglied.

Offen bleibt, was der Bundestag macht. Vorbehalte gegen ein Verfahren haben auch Abgeordnete von CDU, CSU, Grünen und Linkspartei. Die SPD tritt nach außen geschlossen für ein Verbot ein, Kritiker äußern sich nur halblaut.

Die NPD selbst schwächelt. Der Bundestag hat jetzt Zahlungen an die Partei eingestellt, weil sie die vom Bundesverwaltungsgericht festgesetzte Strafe von 1,27 Millionen Euro für einen falschen Rechenschaftsbericht nicht begleicht. (mit dpa)

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